A-4.4.2.2                Kleiner Sonnenröschen-Bläuling (Polyommatus (Aricia) agestis)

A-4.4.2.2.1             Gefährdung und Schutz

Der Kleine Sonnenröschen-Bäuling wird in der nieder­sächsischen Roten Liste in der Kategorie 1 („Vom Aussterben bedroht“) geführt (Lobenstein 1988). Die Art wird in der Roten Liste Deutschlands der Gefährdungskategorie V („Zurückgehend, Art der Vorwarnliste“) gelistet (Pretscher 1998).

A-4.4.2.2.2          Lebensraum

P. agestis besiedelt als xerothermophiler Offenlandbewohner ein recht breites Spektrum an trocken-warmen Offenlandhabitaten mit sandigen Böden, Kalkmager- und Sandtrockenrasen, Brachflächen, Wegrändern, trockene Waldränder und ‑lichtungen sowie Böschungen (Settele et al. 1999). Ebert (1993) beschreibt den Lebensraum von P. agestis als Bereiche an Wegen (Wegränder, auch an Waldwegen), Böschungen und Dämmen. Weiterhin führt er Sand­fluren, oft am Rande von Kiefernwäldern, trockene (kalkreiche) Hänge und Halb­trocken­rasen und deren Versaumungsstadien sowie auch (trockene) Streuobstwiesen an. Offenbar be­vorzuge P. agestis die klimatisch begünstigten Gebiete mit einem Jahresmittel von mehr als 8°C. Kames (1976, zit. in Ebert 1993) formuliert „Trocken- und Halb­trocken­rasen kontinental-pontischen und submediterranen Gepräges auf leicht er­wärm­baren Böden des Flach- und Hügellandes“ als Habitat von P. agestis.

Die Lebensräume der Falter sind, pflanzensoziologisch betrachtet Komplexe des Thero-Airion, Dauco-Melilotion und Mesobromion-(Meso­brometum typicum-)Bestände, teilweise auch Bestände des Geranion sanguinei und möglicherweise im Feuchtbereich Agropyro-Rumicion (Ebert 1993).

Der Flächenanspruch einer für 30 Jahre überlebensfähigen Population von P. agestis beträgt laut Bink (1992, zit. in Settele et al. 1999) vier Hektar.

A-4.4.2.2.3          Anforderungen an den Biotopverbund

Der Kleine Sonnenröschen-Bäuling gilt als „etwas standortstreu“ und ist daher kein besonders guter Wanderer (Bink 1992, zit. in Settele et al. 1999). Shrevee (1995, zit. in Settele et al. 1999) stuft P. agestis dagegen als eine mobile Art ein, da sein Habitat das frühe Sukzessionsstadium „offener Boden, kurze Kräuter und Gräser“ ist. Jedicke (1994) nimmt als maximal überwindbare Verbunddistanz für Schmetterlinge eine Entfernung zwischen 1 und 3 km an.

A-4.4.2.2.4          Nahrung

P. agestis ist eine polyphage Art, d.h. die Raupe frisst an Pflanzen verschiedener Familien (Settele et al. 1999). Hauptsächlich zu nennen sind Geranium dissectum, Geranium pusillum, Geranium molle, Erodium circutarium und Helianthemum nummularium (Ebert 1993). Der Falter saugt an Aster amellus, Origanum vulgare, Skabiosa columbaria, Solidago canadensis, Jasione montana, Geranium columbinum und Tripleurospermum inodorum (Ebert 1993).

A-4.4.2.2.5          Maßnahmen

Erhalt und Schutz der Saumstrukturen an warmen Standorten. Eine potentielle Gefährdung der Habitate stellt die mögliche Eutrophierung seiner Larval- und Imaginalhabitate dar. Die Habitate (z.B. die Magerrasen) sind zusätzlich durch Aufforstungs- und Re­kultivierungs­maßnahmen bedroht.

Tabelle A 4.4-5:    Maßnahmen für den Kleinen Sonnenröschen-Bläuling

Ziel

räumlicher Schwerpunkt

Schutz-, Pflege-, und Entwicklungsmaßnahmen

Schutz und Pflege der bestehenden Habitate

Kerngebiete

  • Das Schließen der Vegetationsdecke durch zeitweilige Beweidung, Trittbelastungen verhindern. Mahd der Bestände einmal jährlich.
  • Einrichtung eines 50 m breiten Puffers zu intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen
  • Keine Rekultivierung der besiedelten Lebensräume

Entwicklung neuer Habitate

Kerngebiete

  • Förderung der Brache auf trockenwarmen, sandigen oder kalkhaltigen Standorten
  • Bevorzugte Schaffung von Weg- und Feldbegleitenden Säumen durch Auflassen bzw. Verzicht auf Rekultivierung dieser Bereiche. Ein Teil dieser Lebensräume könnten im Rahmen der Niedersächsischen Agrar-Umweltprogramme umgesetzt werden (siehe Maßnahme A5 in Tabelle 6.12).

Schutz und Pflege der bestehenden Vernetzungsstrukturen

Korridore

  • Bestehende ruderalen Gras- und Staudenfluren auf trockenwarmen Standorten durch Mahd in mehrjährigen Abständen (Oktober bis Februar) pflegen. Abfuhr des Mahdgutes. Bei jährlicher Mahd nur Teilflächen

Entwicklung von Vernetzungsstrukturen

Korridore

  • Entwicklung von ruderalen Gras- und Staudenfluren auf trockenwarmen Standorten durch Brachfallen lassen. In Ackergebieten sind feld- und wegbegleitende Säume von mindestens 3 bis 5 m Breite von landwirtschaftlicher Nutzung frei zu halten. Ein Teil dieser Säume könnten im Rahmen der Niedersächsischen Agrar-Umweltprogramme umgesetzt werden (siehe Maßnahme A5 in Tabelle 6.12 ).
A-4.4.2.2.6          Synergieeffekte

Von den Schutzmaßnahmen für P. agestis profitieren eine ganze Reihe von Arten, die den gleichen Lebensraum besiedeln. Neben der Zauneidechse sind vor allem Insekten zu nennen. Verschiedene Heuschreckenarten (z.B. Verkannter Grashüpfer), Falter (Mattscheckiger Braun-Dick­kopf­falter) besiedeln diese trockenwarmen Lebensräume in gleicher Weise wie diverse Hautflügler und Käfer (z.B. Sand-Laufkäfer). Zusätzlich treten positive Effekte für das Landschaftsbild durch den Erhalt der Blütenpflanzen an den Wegrändern ein.

 

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