5.3.4   Forstwirtschaft

 

In den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis der Forstwirtschaft im § 5 Abs. 5 BNatSchG ist festgeschrieben, dass naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften sind. Des Weiteren ist bei der Auswahl der zu pflanzenden Bäume ein hin­reichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen einzuhalten.

Im niedersächsischen Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG, März 2003) wird Folgendes im § 1 formuliert:

 

„Zweck des Gesetzes ist,

1.   den Wald

a)      wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion),

 

b)      wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, insbesondere als Lebensraum für wild lebende Tiere und wild wachsende Pflanzen, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrarstruktur und die Infrastruktur (Schutzfunktion) und

 

c)      wegen seiner Bedeutung für die Erholung der Bevölkerung (Erholungsfunktion)

 

zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern,

 

2.   die Forstwirtschaft zu fördern,

3.   einen Ausgleich zwischen den Interessen der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen und

4.   die Benutzung der freien Landschaft zu ordnen.“

 

Der Waldanteil im Kreisgebiet ist mit 12 % gering. Der Waldanteil im Land Niedersachsen (Landesdurchschnitt) liegt bei 24,3 %[1]; damit ist der Landkreis als waldarm zu bezeichnen.

Besonders waldarm sind der west­liche und nördliche Teil des Kreisgebietes, während zwei Gemeinden im östlichen und südlichen Teil des Kreises Waldflächenanteile von 26 und 18 % aufweisen.

 

Tab. Waldbestand im LK Verden   (Stand Juni 2006)

Kommune

Gesamtgröße

in ha

Wald

in ha

Waldanteil

in Prozent

Achim

          6.800 ha

         280 ha

           4,12 %

Dörverden

          8.332 ha

       1.510 ha

         18,00 %

Kirchlinteln

         17.413 ha

       4.673 ha

         26,84 %

Langwedel

          7.612 ha

       1.139 ha

         14,96 %

Ottersberg

          9.903 ha

         510 ha

           5,15 %

Oyten

          6.347 ha

         263 ha

           4,14 %

Verden

          7.158 ha

         844 ha

         11,79 %

SG Thedinghausen

         15.205 ha

         276 ha

           1,82 %

Blender

Emtinghausen

Morsum

Riede

Thedinghausen

3.831 ha

2.109 ha

2.906 ha

2.688 ha

3.671 ha

69 ha

96 ha

45 ha

3 ha

64 ha

 

Kreisgebiet

         78.770 ha

       9.494 ha

         12,05 %

Quelle: Nds. Landesamt für Statistik, Hannover, Stand 1.01.2005


Nur etwa 14 % der Waldfläche von insgesamt ~ 9.500 ha entfallen auf naturnahen Laub­wald, der über­wiegen­de Teil der Waldflächen ist mit Kiefernforsten bestockt (im Unterbau tlw. Naturverjün­gung in Richtung Stieleichen-Birkenwälder). Von Natur aus würden auf den meisten Flächen Buchen- und Eichenwälder wachsen und in den Flussniederungen Bruch- und Auwälder.

 

Die Waldbesitz­arten im Kreisgebiet sind Staatswald, Kommunalwald und Privat­wald.

 

Die Waldflächen der Niedersächsischen Landesforsten (AöR) im Kreisgebiet werden vom Niedersächsischen Forstamt Rotenburg mit den Revierförstereien Spange und Diensthop betreut.

Die Landesforsten umfassen 14 % der Waldfläche, sie werden gem. NWaldLG und dem LÖWE-Programm bewirtschaftet. Das Programm zur „Langfristigen ökologischen Wald-Entwicklung“ wurde im August 1991 als Programm der Landesregierung Niedersachsen beschlossen. Es beinhaltet dreizehn Grundsätze zur ökologischen Ausrichtung der Bewirtschaftung der nieder­sächsi­schen Landesforsten. Die Flächen der Landesforsten sind nach PEFC zertifiziert. Die Abkürzung steht für „Pan european forest certification“. Ziel der Zertifizierung ist die Dokumen­tation und Verbesserung der nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Hinblick auf ökonomische, ökologische sowie soziale Standards.

 

In Bundeseigentum befinden sich das Drübberholz im ehemaligen Sperr­gebiet des Bundes­wehr­standortes Barme und die bewaldete Binnendüne in Achim, die Sperrgebiet des Bundeswehr­standortes war.

Als Kommunalwald sind z. B. der Stadtwald von Verden und das Adlige Holz bei Theding­hausen zu nennen.

 

Der größte Teil der Wälder im Kreisgebiet befindet sich in Privateigentum. Die Privatwaldbesitzer lassen sich überwiegend von den Bezirksförstereien der Landwirtschaftskammer Hannover (Verden, Kirchlinteln und Hoya) hinsichtlich der Bestandsgründungen, Bewirtschaftung, Pflege und Vermarktung forstfachlich beraten.

 

Aus naturschutzfachlicher Sicht ist der Wald zu erhalten, zu naturnahen Beständen zu entwickeln und vor allem wegen seiner Schutz- und Erholungsfunktion sowie zum Aufbau des Biotopverbundsystems in waldarmen Gebieten zu vermehren. Die historisch alten Waldstandorte (historische Waldstandorte) und die Waldschutzgebiete des Staatsforstes bilden den Kern des Verbundsystems.

In der Textkarte „Historische Waldstandorte“ sind diese besonderen Waldflächen dargestellt.


Textkarte 5.3.4: Historische Waldstandorte

Die Walderhaltung kann gewährleistet werden, indem der Landkreis als untere Waldbehörde die engen Vorgaben zur Waldumwandlung gem. § 8 NWaldLG konsequent anwendet.

Eine Genehmigung zur Waldumwandlung ist grundsätzlich mit der Verpflichtung zur Ersatz­aufforstung verbunden. Die Wälder im Kreisgebiet weisen sehr unterschiedliche Wertigkeiten auf (vgl. Kapitel Arten und Biotope). Entsprechend unterschiedlich sind auch die Möglichkeiten der Wiederherstellung der an den einzelnen Wald gebundenen Werte und Funktionen. So können z. B. die alten und vielfältig strukturierten Wälder nur in sehr langen Zeiträumen wieder hergestellt werden. Diese Wälder, die den Wertstufen IV und V (nach Drachenfels) zugeordnet sind, sind deshalb grundsätzlich von einer Umwandlung ausgenommen, denn die langen Regenerationszeiten machen einen wertgleichen Ausgleich unmöglich.

 

Für den Fall, dass als absolute Ausnahme doch Wälder dieser Wertstufen umgewandelt werden, hat der Landkreis entsprechende Kompensationsfaktoren eingeführt.

Bei der Umwandlung von Wäldern der Wertstufe V sind Ersatzaufforstungen im Flächen­verhältnis 1:5, bei Wäldern der Wertstufe IV im Verhältnis 1:3 vorzunehmen.

Für Wälder geringerer Bedeutung wurden folgende Faktoren festgesetzt: die Umwandlung von Wäldern der Wertstufe III erfordert Neuaufforstungen im Verhältnis 1:2, bei Wäldern der Wert­stufe II ist das Verhältnis 1:1. Insgesamt handelt es sich dabei um Mindestanforderungen, eine Entscheidung fällt jeweils einzelfallbezogen.

Suchraum für Ersatzaufforstungsflächen ist der betroffene Naturraum. Es sind Flächen mit ver­gleichbaren Standortbedingungen zu wählen.

 

Die Wälder im Kreisgebiet sind relativ jung, ca. 60 % der Bäume sind laut Landesstatistik nicht älter als 60 Jahre. Zur Erhöhung des Altholzanteils ist es erforderlich, schlagreife Bäume, die älter als 100 Jahre sind, möglichst zu erhalten. Insbesondere zusammenhängende Bestände von Bäumen dieser Altersklasse sind als Lebensräume für eine Vielzahl von Arten unentbehr­lich. Diese grundsätzliche Anforderung richtet sich an den Privat- sowie an den Staatswald.

 

Die Anforderungen zur Waldentwicklung und zur Neuaufforstung richten sich grundsätzlich an die Wald- und Grundbesitzer. In der nachfolgenden Tabelle sind die von Waldbesitzern zu ergreifenden Maßnahmen im Sinne der guten fachlichen Praxis der Forstwirtschaft aufgelistet, erläutert und räumlichen Schwerpunkten zugeordnet.

 

Maßnahme

Erläuterung

Räumlicher Schwerpunkt

Sicherung naturnaher Waldbereiche

Baumartenwahl aus natürlicher/naturnaher Waldgesellschaften (Standortkartierung),

keine Bodenbearbeitung auf historisch alten Waldstand­orten,

weitgehender Verzicht auf tiefgründige Boden­bearbeitung und Vollumbruch,

Verzicht auf Umbruch verfestigter Anreicherungs­horizonte z. B. in Podsolböden,

Aufhebung von Entwässerungsmaßnahmen,

Abdämmen von Gräben,

Verzicht auf Schlagräumung vor der Bestands­begründung

Verzicht auf Bestands-/Kompensationskalkungen auf Moorstandorten und Dünensanden,

Einhalten langer Umtriebszeiten,

Nutzung der hiebreifen Stämme ohne Schaffung zusammenhän­gender Blößen,

Belassen von Alt- und Totholz als Lebensraum für Tiere (z. B. bestimmte Vogel- und Käferarten),

Beschränkung des Forstwegenetzes in Dichte und Ausbau­standard auf das unumgänglich notwendige Maß,

schonende Holzbringung/-rückung

 

Staatswald:

Aller-Talsandebene (627)

Diensthop, Höpen

Achim-Verdener Geest (630)

Spanger Holz, Wedeholz, Overing, Lindhoop

 

Privat- und Kommunalwald:

Mittelweser (583)

Drübber Holz

Thedinghäuser Vorgeest (621)

Adeliges Holz

Aller-Talsandebene (627) Diensthop (Südostteil), Stedorfer Bruch

Achim-Verdener Geest (630) Großes Holz, Hühnermoor,

Hohes Moor, Badenermoor, Kiebitzmoor

Zevener Geest (634)

Hohes Moor

 

Umbau der Kiefernforsten zu naturnahen Waldbeständen

plenterartige Nutzung der Wälder, Einzelbaum­entnahme, kein Kahlschlag,

Zulassen von Naturverjüngung (möglichst bei gleichzeitiger Kontrolle des Aufwuchses von spätblühender Traubenkirsche),

Anlage von mind. 10 m breiten Waldrändern bestehend aus Sträuchern und vorgelagerten Säumen (Windberuhi­gung, Stabilisierung des Waldinnenklimas),

Anwendung selektiver biologischer Verfahren in der Schädlingsbekämpfung (z. B. Lockstofffallen),

mechanische Krautbekämpfung im Zuge der Anwuchspflege,

Verzicht auf Bodenbearbeitung und intensive Durch­mischung von Streu- und Humusauflagen mit dem Mineralboden (Mineralisationsschub und

N-Freisetzung),

nur gezielte - auf Grundlage von Bodenunter­suchungen bemessene - bedarfs­orientierte Anwendung von Mineraldünger (ggf. Kalkung),

Verzicht auf Einarbeitung von Mineraldünger in sorptionsschwachen Böden,

Kontrolle der Wildbestände, ggf. Reduzierung zur Ermöglichung von Naturverjüngung mit Laubholz­arten (ohne Einzäunung o. Ä.),

Nadelwaldbestände sollten sukzessiv durch Beimischung von Laubhölzern in Misch­wälder, langfristig in Laub­wälder umgewandelt werden,

ungleichaltriger mehrstufiger Aufbau der Bestände (Lärm­schutz, Staubfilterung)

 

in den Naturräumen:

Achim-Verdener Geest (630),

 

Aller-Talsandebene (627) und

 

Mittelweser (583)

Waldvermehrung/

„Wiederbewaldung

Bestandesneubegründungen entsprechend der Ergebnis­se der Standortkartie­rung ausschließlich mit Laubholzarten natürlicher oder naturnaher Waldgesellschaften,

Anlage von mind. 10 m breiten Waldrändern, bestehend aus Sträuchern und vorgelagerten Säumen,

Verzicht auf Vollumbruch vor Bestandesbegründung wegen Nitratauswaschungsrisiko,

Begrü­nung der Flächen unmittelbar nach Bodenbearbeitungsmaßnahmen,

Aushagerung (stillgelegter) Ackerflächen vor Aufforstung z. B. durch Grünlandnutzung,

Verzicht auf Aufforstung mit Nadelgehölzen, insbesondere im Einzugsgebiet von Quellen/

Quellfluren wegen Wasserversauerungsrisiko,

nur gezielte - auf Grundlage von Bodenunter­suchungen bemessene - bedarfs­orientierte Anwendung von Mineral­dünger (ggf. Kalkung),

Verzicht auf Einarbeitung von Mineraldünger in sorptionsschwachen Böden,

mechanische Krautbekämpfung im Zuge der Anwuchspflege,

Kontrolle der Wildbestände, ggf. Reduzierung zur Ermöglichung von Neuanpflanzungen mit Laub­holzarten ohne Einzäunung o. Ä.

 

Zevener Geest (634)

nördl. Otterstedt,

Wümmeniederung (631)

östlich von Fischerhude

Achim-Verdener-Geest (630)

nördl. Völkersen, Bereich Deelsen-Botterbusch, Daverdener Brand, nördl. Klein Sehlingen, östlich Verdenermoor

Thedinghäuser Vorgeest (621)

Bereich zwischen Riede und Thedinghausen,

Emtinghausen-Bahlum und Imhorst, südl. Beppen, Wulmstorfer Wald, Alt Holtum

Verdener Wesertal (620)

Bereich zwischen Hof Borstel und Barnstedt

Aller Talsandebene (627)

südwestl. Westen, Bereich zwischen Hämelheide und Donnerhorst

 

 


Die Waldränder bilden als eigenständiger Biotoptyp ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Wald und der offenen Landschaft. Auf Grund der vielfältigen Funktionen – insbesondere für die Arten – sollten die Waldränder mind. eine Breite von 10 m aufweisen; bestehend aus Sträuchern und vorgelagerten Säumen. Damit auf Dauer die Funktionsfähigkeit gesichert bleibt, sollten die Waldränder unter einem Mindestabstand von 50 m nicht bebaut oder durch sonstige Vorhaben gestört werden. Die Bestandsränder innerhalb des Waldes entlang von Wegen sind vielgestaltig zu entwickeln.

 

Die Förder­instrumente für den Laubwald (Umbau sowie Neuaufforstung) sollten weiterhin den Privatwaldbesitzern aktiv angeboten werden. Hier ist die Beratungstätigkeit der Bezirksförstereien Verden, Kirchlinteln und Hoya der Landwirtschaftskammerforstämter Heidmark und Oldenburg gefordert.

 

Die Erhaltung der Regulationsfunktionen der Waldökosysteme für Boden, Wasser, Klima/Luft ist ein wichtiges Ziel des Natur­schutzes und eine Herausforderung nicht nur für die Forst­wirtschaft, sondern auch für die Luftreinhaltepolitik:

Gegen die Schädigung der Waldökosysteme durch das Wald­sterben sollten auf politi­scher Ebene weitere Maßnahmen gegen die großräumige Luftverschmutzung erfolgen.

Regional sind Landkreis, Städte und Gemeinden gefordert, die Emissionen zu verringern.

 

Sanierungsmaßnahmen wie Bodenmelioration, Düngung und Kalkung, die die weitrei­chende Degradierung der Böden kompen­sieren sollen, sollten nur nach fachlicher Ab­stimmung des zuständigen Forstamtes mit der unteren Naturschutzbehörde erfolgen. Da solche intensiven Eingriffe in das Wald­ökosystem mit Risiken verbunden sind, ist eine sorgfälti­ge Abwägung notwendig, um Problemverlagerungen und „Ver­schlimm­bes­serungen" zu vermeiden. Konkrete Hinweise auf Risikostandorte, die eine pH-Wert-Kontrolle im Hinblick auf Sanierungsmaßnahmen erfordern, ergeben sich aus dem Kapitel Boden und Wasser. Außerdem sollte bei Vermeidung von Kahlschlagflächen vordringlich hier mit einem Umbau zu Laubwald aus der natürlichen Wald­gesellschaft entsprechen­den Holzarten begonnen werden.

 

Untersuchungsbedarf im Hinblick auf ggf. notwendige Maßnahmen zur Bodensanierung auf besonders versauerungsgefährdeten Waldstandorten:

Trinkwasserschutzgebiet

Wasserwerk "Wittkoppenberg", Wasserwerk "Langenberg

 

Achim-Verdener-Geest (630)

Vorranggebiet für Trinkwassergewinnung
(gem. RROP 1997)

nordöstlich Achim, Verdenermoor/nordöstlich BAB

 

Achim-Verdener-Geest (630)

südöstlich Dörverden

Aller Talsandebene (627)

südlich Dörverden

Mittelweser (583)

Vorsorgegebiet für Trinkwassergewinnung
(gem. RROP 1997)

 

 

nordöstlich Kirchlinteln

 

Achim-Verdener-Geest (630)

 

 



[1] Das Land Niedersachsen gehört zu den waldärmeren Bundesländern, der Bundesdurchschnitt beträgt 31 % Wald.

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