5.3.3   Wasserwirtschaft

 

EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) als jüngste wasserrelevante Richtlinie der Europäi­schen Umweltpolitik ist das maßgebliche Gesetzeswerk für die zukünftige Entwicklung und Bewirtschaftung der Gewässer. Mit ihr wird versucht, die widersprüchlichen Ansätze von Umweltqualitätsnormen und Emissionsgrenzwerten von über 25 Gesetzeswerken, denen jeweils unterschiedliche Werte zu Grunde liegen, in Einklang zu bringen. In diesem Zusam­menhang seien beispielhaft die Grundwasser-Richtlinie (80/68EG) und die Richtlinie über den Schutz der Gewässer vor gefährlichen Stoffen (76/646/EWG) genannt, die sich an wasser­chemischen Standards ausgewählter Stoffe orientiert, während die Fischgewässer-Richtlinie (78/659/EWG) bzw. Muschelgewässer-Richtlinie (79/923/EWG) Minimalstandards festlegt, die für Maßnahmen zum Erhalt von ausgewählter Arten maßgeblich sind (EUROPÄISCHES UMWELTBÜRO & BREYER, ohne Datum).

 

Eine Zielvorgabe, die die bestehenden Vorgaben ablöst bzw. übergreifend regelt, wird in der WRRL durch die „Erreichung des guten Zustandes“ formuliert. Dieser ist für die Oberflächen­gewässer definiert durch den „guten chemischen“ und den „guten ökologischen“ Zustand, wobei Letztgenannter die Qualitäten umfasst, die den Lebensraum Gewässer definieren: biologische, hydromorphologische und physikalisch-chemische Qualitäten. Als Referenz dienen dabei die Parameter ungestörter Gewässer. Durch diese integrative Vorgehensweise, welche die gegenwärtigen rein chemisch orientierten Wasserqualitäten um Quantität, Lebensraum­qualität und biologische Ziele erweitert, wird die Möglichkeit zum Schutz der aquatischen Umwelt erheblich verbessert.

 

Der „gute Zustand“ des Grundwassers wird zweigeteilt definiert: mengenmäßig entsprechend der verfügbaren Wasserressource (Entnahme in Abhängigkeit von der Neubildung und ohne Beeinträchtigungen für die grundwasserabhängigen Landökosysteme und Oberflächen­gewässer) und chemisch über die Einhaltung der „relevanten“ Rechtsvorschriften (u. a. für Nitrat, Pestizide), Ausschluss von Versalzungen und das Fehlen von Beeinträchtigungen für die grundwasserabhängigen Landökosysteme und Oberflächen­gewässer (EUROPÄISCHES UMWELTBÜRO & BREYER, ohne Datum).

 

Zeitliche Zielvorgabe für die Umsetzung der Bewirtschaftungspläne auf der Ebene von Gewäs­sereinzugsgebieten zur Erreichung des guten Zustandes ist das Jahr 2015. Auf der politischen Ebene sollte unter Beteiligung der Öffentlichkeit bis Ende 2004 eine umfassende Analyse erstellt werden, auf deren Grundlage bis 2009 die Bewirtschaftungspläne zu erstellen gewesen wären (EUROPÄISCHES UMWELTBÜRO & BREYER, ohne Datum). Durch den räumlichen Bezug zu den Einzugsgebieten ist eine Zusammenarbeit zwischen den relevanten Akteuren notwendig, die z. B. im Falle des Rheins sogar staatenübergreifend ist. Nur auf diesem Wege können Probleme am Unterlauf, die auf Beeinträchtigungen im Quellbereich oder Oberlauf zurückgehen, angegangen werden. Die Bestandsaufnahme ist abgeschlossen.

 

Zur weiteren Bearbeitung der Wasserrahmenrichtlinie wurden vom Land Niedersachsen sog. Gebietskooperationen eingesetzt. Das Kreisgebiet liegt in den Kooperationsräumen Wümme (24), Weser (12), Aller (22) und Ochtum (23). In den Arbeitskreisen ist der Landkreis als untere Wasserbehörde beteiligt.

 

Der schutzgutübergreifende methodische Ansatz bei der Erarbeitung des Themenbereichs Boden und Wasser im Landschaftsrahmenplan berücksichtigt weitestgehend die Forderungen der WRRL hinsichtlich der integrativen Vorgehensweise zum Schutz der aquatischen Umwelt. Auch der Bezug zu den Einzugsgebieten wird im Kapitel 3.3 hergestellt. Die Fortschreibung leistet auf diese Weise einen Beitrag zur grenzübergreifenden fachlichen Zusammenarbeit im Einzugsgebiet von Weser, Aller und Wümme. Die Ausführungen im Punkt „Bereiche mit beson­derer bzw. beeinträchtigter/gefährdeter Funktionsfähigkeit für Wasser- und Stoffretention“ (Kap.2.3) legen die Grundlage für eine enge Zusammenarbeit von Boden- und Gewässer­schutz, wie sie mit der WRRL für die zukünftige nachhaltige und ressourcenschonende Bewirt­schaftung von Oberflächen- und Grundwasser vorgegeben wird.

 

Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

Im Grundsatz des Wasserhaushaltsgesetzes zeigt sich eine weitgehende Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen des Naturschutzgesetzes: „Die Gewässer sind als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern" (§ 1a Abs. 1, Satz 1, WHG). Vermeidbare Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen sollen unterbleiben.

Des Weiteren ist festgelegt, dass die Bewirtschaftung der Gewässer dem Wohl der Allgemein­heit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen Einzelner zu dienen hat.

Im zweiten Absatz legt das Gesetz jedermann nahe, bei der Einwirkung auf Gewässer eine nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um Verunreinigungen des Wassers sowie eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden und eine sparsame Verwendung des Wassers zu erzielen.

 

Für den neuen inhaltlichen Schwerpunkt der Landschaftsrahmenplanung im Bereich Boden und Wasser - die Rückhaltung von Wasser und im Wasser transportierten Stoffen - sind vor allem die Regelungen zur Unterhaltung oberirdischer Gewässer relevant, die im zweiten Teil des WHG, dritter Abschnitt „Unterhaltung und Ausbau“ behandelt werden.

 

Im § 31 WHG „Ausbau“ heißt es: „Gewässer, die sich im natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, sollen in diesem Zustand erhalten bleiben, und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer sollen so weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht entgegenstehen.“

 

Überschwemmungsgebiete sind nach § 31b WHG die Gebiete, die bei Hochwasser über­schwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Unter dem Eindruck der Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre sind die bisherigen Regelungen des WHG zu Überschwemmungsgebieten durch das Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vom Mai 2005 erheblich ausgeweitet worden. Ziel ist es, einen schadlosen Hochwasserabfluss zu gewährleisten. So dürfen in Über­schwemmungsgebieten grundsätzlich keine neuen Baugebiete ausgewiesen werden. Die Errichtung baulicher Anlagen unterliegt Genehmigungsvorbehalten durch die zuständigen Wasserbehörden. Weitere Einschränkungen, insbesondere auch zur Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen im Überschwemmungsgebiet, werden den Landeswassergesetzen vorbehalten und sind dementsprechend im Niedersächsischen Wassergesetz geregelt.

Niedersächsisches Wassergesetz (NWG)

Nach dem Niedersächsischen Wassergesetz (§ 2 Abs. 1 NWG) sind die Gewässer

 

                        „als Bestandteil des Na­turhaushaltes so zu bewirtschaften, (...) dass vermeid­bare Beein­trächtigungen unterbleiben..."

 

In § 2 Abs. 2 NWG werden sechs Belange aufgezählt, die im Interesse der Allgemeinheit insbesondere zu beachten sind.

 

Die zielbewusste Ordnung, die die Wasserwirtschaft mit allem ober- und unterirdischen Wasser in Bezug auf Menge, Güte und Gewässer­biologie betreibt, beinhaltet auf Grund § 56 NNatG auch die Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege nach § 1 NNatG. Demnach hat die Wasserwirt­schaft zielgerichtet darauf hin­zu­ar­bei­ten, dass

 

-  die Nutzbarkeit des Schutzgutes Wasser und

-  die ökologische Funktionsfähigkeit der Gewässer und Feucht­gebiete

 

nachhaltig gesichert ist (Nds. MELF, 1989).

 

Die Einheit von Grund- und Oberflächenwasser im Wasserkreis­lauf und der direkte hydrauli­sche Kontakt in den grundwasser­nahen Gebieten macht es erforderlich, ein umfassendes flächen­deckendes Konzept zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser zu er­ar­bei­ten.

Gemeinsames Ziel sollten daher die kurzgeschlossenen Wasser- und Stoffkreisläufe sein.


Artenschutz-Ausnahmeverordnung (ArtAusnVO vom 25.11.2005) des MU

Auf der Grundlage des BNatSchG hat das Land Niedersachsen die o.g. Verordnung erlassen. In ihr wird geregelt, dass die ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung u. a. außerhalb von Natur­schutzgebieten, eines geschützten Landschaftsbestandteils, eines besonders geschützten Biotops, eines besonders geschützten Feuchtgrünlands und eines Gebiets des Europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ dazu führen darf, dass Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten beeinträchtigt werden. Die Zulassung der Ausnahme gilt nicht für die Tier- und Pflanzenarten der streng geschützten Arten.

Unsicherheiten sind insbesondere bei den gewässergebundenen Tierarten entstanden. Diese Probleme sollten gemeinsam zwischen Naturschutzbehörde und Wasser- und Bodenverbände gelöst werden. Die Unterrichtung und Schulung der Mitarbeiter hinsichtlich der Arten wäre eine Möglichkeit.

 

Schau- und Unterhaltsordnung des Landkreises Verden/Zusammenarbeit mit den Verbänden

Auf der Grundlage des NWG hat der Landkreis je eine Verordnung über die Unterhaltung und die Schau der Gewässer zweiter und dritter Ordnung erlassen. In den Verordnungen mit Stand 01.08.1990 wird jeweils im § 2 die Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes bei der Unterhaltung genannt. Des Weitern wird die Freihaltung der Räumstreifen von Gebäuden, Zäunen und Gehölzen formuliert. Es werden konkrete Abstände festgelegt, damit die beidseitige Unterhal­tung möglich bleibt. Über Ausnahmen entscheidet der Landkreis nach Anhörung des Unterhal­tungspflichtigen. Der Mindestabstand beträgt 5 m zur Gewässerkante.

Die Verordnungen beinhalten Regelungen zur Gültigkeitsdauer, sie laufen aus am 31.12.2009.

 

Bei der kommenden Fortschreibung der Verordnungen sollte grundsätzlich auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege eingegangen und die „schonende Räumung“ stärker herausgestellt werden.

In der Präambel sollte dargelegt werden, dass der Landkreis gemeinsam mit den Wasser- und Bodenverbänden an der Umsetzung der Ziele vor Ort arbeiten möchte. In gemeinsamen Projekten sollten die Gewässer und Gewässerabschnitte herausgearbeitet werden, die einer besonders schonenden Räumung zu unterwerfen sind.

Diese Art der Räumung soll bewirken, dass möglichst wenige Tier- und Pflanzenarten – insbeson­dere die streng geschützten Arten – gestört oder getötet werden. Dies könnte z. B. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

-    Räumung zu bestimmten Zeiten (Spätsommer und Herbst), um die Entwicklung der Tierpopulationen zu ermöglichen,

-    Räumung bestimmter Gewässerabschnitte nur alle zwei Jahre, um Störungen zu vermeiden,

-    Räumung gemeinsam mit dem Wasser- und Bodenverband ausgesuchter Abschnitte per Hand oder zeitlich abgestimmtes Liegenlassen von Gewässerstrecken,

-    Räumung unter Schonung des Kiesbettes,

-    Räumung nur einer Böschungsseite zur Erhaltung der Standortvielfalt,

-    sollten Muscheln oder andere Tiere bei der einseitigen Räumung beeinträchtigt werden, sind diese wieder in das Gewässer einzusetzen,

-    die Beschattung der Gewässer führt zu einem geringeren Aufwuchs, wodurch sich die Intensität der Räumung verringern ließe; tlw. besonnte Abschnitte an Gräben für Amphibien belassen.

 

Die Gewässerpflege und -entwicklung im Rahmen der Un­ter­hal­tung soll die natürliche Entwicklung eines Gewässers über Jahr­zehnte hinweg ermöglichen und fördern. Dieser hohe An­spruch an die Unterhaltungs­pflichtigen soll durch einen intensiven und vertrauensvollen Austausch mit dem Landkreis gefördert werden. In Einzelfällen sollte Art, Intensität, Zeitraum und ggf. Unterlassung von Unterhaltungsmaßnahmen unter Berück­sichtigung der Ziele von Naturschutz und Land­schaftspflege besprochen und versuchsweise sowie zeitlich befristet durchgeführt werden.

 


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